Zootopolis – Leseprobe

Kay Fischer

Zootopolis

»Der Zoo der Zukunft hat in der Stadt keine reale Chance mehr. Die Tiere kommen mit den vielen Geräuschen und Abgasen nicht mehr klar. Einerseits gewöhnen sie sich zunächst daran – sofern sie es auch nicht anders kennen, funktioniert das sogar ganz gut. Aber das Limit ist gerade bei uns schon lange überschritten. Ich frage Sie: Welcher Elefant lebt gesünder – der in einer Metropole oder der in einer naturbelassenen Umgebung? Die Antwort liegt auf der Hand: der in der natürlichen Umgebung. Nun könnte man den Zoo natürlich ins Umland verlegen, auf eine Wiese. Aber auch dort breitet sich
inzwischen die Zivilisation so stark aus, daß diese Lösung nicht von Dauer wäre. Unser Zoo der Zukunft liegt deshalb weit draußen, abseits, und trotzdem bleibt er noch für die Menschen erreichbar.«

Mrs. Riverday grübelte. »Wie meinen Sie das?«

»Ich spreche von einer Insel. Dort haben es die Tiere ruhig. Kein Verkehr, keine Abgase, einfach ideal.«

»Eine Insel will aber erstmal erreicht werden«, konterte Mrs. Riverday. »Der moderne Mensch hat immer weniger Zeit zur Verfügung, er möchte kurze Wege zu seinem Ziel. Wenn er erst zu einer Insel fahren muß, um sich Tiere anzusehen, überlegt er sich das dreimal, ob er das überhaupt noch macht.«

»Ja, Sie haben recht, Mrs. Riverday, trotzdem bin ich der Meinung, daß mein Plan aufgeht. Bedenken Sie bitte, daß die Anforderungen an einen Zoo wachsen werden. Kein Unternehmen dieser Welt bleibt dort stehen, wo es einmal angefangen hat. Wenn wir den Tieren eine angemessene Zukunft geben wollen, müssen wir uns verändern und nicht die Tiere. Und dafür sind Investitionen erforderlich. Und Investitionen müssen sich auch rechnen. Es reicht also nicht, nur an morgen zu denken, wir müssen viel weiter planen,
sozusagen bis übermorgen. Wir reden hier nicht von den nächsten zwei oder drei Jahren, sondern von den nächsten fünf Jahrzehnten.«

»Fünf Jahrzehnte? So weit kann doch kein Mensch denken. Das ist doch absurd – dann können Sie ja die Tiere auch gleich zum Mond bringen!«

Da mußte der Direktor lachen. »Das«, erwiderte er dann, »das ist dann die Zukunft, die wir uns in der nächsten Zukunft überlegen müssen. – Aber ich kann Sie beruhigen, ganz so schlimm wird es nicht kommen. Wahrscheinlich wissen Sie es noch gar nicht. Ich bin nicht nur Zoodirektor, sondern ich führe auch eine Firma, die sich mit dem Bau von zoologischen Gärten und der Tierhaltung beschäftigt. Sie heißt >Zoofrika< und wird von den selben Aktionären getragen, die auch diesen Zoo hier finanzieren. Kürzlich konnten wir sogar noch eine Beteiligung an einer Fluggesellschaft stemmen. Wir werden eine Tochtergesellschaft gründen, eine neue Airline, die zu dieser Insel fliegt. Die Leute werden in null Komma nichts im Zoo sein. Wunderbar, nicht wahr?«

Mrs. Riverday seufzte. So wunderbar fand sie das nun wirklich nicht. »Wo wir schon bei dem Thema Ozean und Insel sind«, sagte sie, »fällt mir ein, daß Sie mir noch gar nicht erzählt haben, wohin die Reise genau geht. Wie heißt denn die Insel, auf der Sie die Tiere einquartieren wollen?«

Da hatte sie den Professor genau am richtigen Nerv getroffen. Es schien, als hätte er auf diese Frage die ganze Zeit gewartet. Der Direktor erhob sich wie ein Priester, der eine Andacht hält. Stolzen Blickes schmetterte er den Namen des Eilandes heraus, mit erhobenem Kopf und geschwollener Brust, so als wollte er es der ganzen Welt mitteilen: »Zootopolis!«

***

Der Jeep fuhr eine Kurve und verließ den Dschungel. Dann fuhren sie an einer riesigen Halle vorbei, die einem Dom glich und von gigantischen Felsbergen umrahmt war. Schwarze, graue und blaue Steine zierten die Außenwände des Gemäuers, und über dem Eingang thronte eine goldene Krone.

»Die Ahnenhalle«, erklärte Mr. Afanti. »Hier werden alle Tiere von Zootopolis verewigt. Jedes Tier wird mit seiner Geschichte vorgestellt, auch und vor allem nach seinem Ableben. Auf diese Weise leben sie ewig, sagt man. Das Ganze ist als Naturkundemuseum zu verstehen.«

Mrs. Riverday nickte ergriffen. Nach fünf Minuten kamen sie zu einer Felsengruppe, die von mehreren Wasserbuchten durchbrochen war. Diverse Hängebrücken überspannten diese Buchten, jede Brücke hatte mehrere dicke Taue als Geländer und ein Schilfdach. Als Boden dienten wuchtige, aber begehbar geschliffene Baumstämme.

***

Die wichtigsten Namen:


Zoodirektor neu: Prof. Lamina (dick, rasiert, sehr kurze Frisur, ohne Brille)
seine Sekretärin: Mrs. Habicht
Zoodirektor alt: Prof. Eulenrath (tritt im Buch nicht auf – schlank, Bart, langes Haar, Brille)
Journalistin: Eveline Riverday
Tierärztin: Mrs. Reit
Mr. Afanti: Pfleger der Elefanten: Rumba (Leitkuh), Bobamba, Samba (weibl., Mutter von …)
Timba (weibl., jung), außerdem noch Bumbo (männl.)
 sowie der Nilpferde: Plumpi (weibl.), Pampe (männl.)
… sowie der Nashörner: Mauli, Fauli
… sowie der Schildkröte Lutetia
Mr. Eddi: Pfleger der Gorillas: Gora, Bana (weibl.), King Bong (männl.)
… und der Orang-Utans (ohne Namen)
… sowie der Schimpansen: Banjo, Banti (weibl.), Bongo (männl.)
Mr. Gira: Pfleger der Giraffen: Matabi, Tutu (weibl.), Tobi (männl.)
… sowie der Zebras … (ohne Namen)
… sowie der Kamele: Flocke, Hocke (weibl.), Fussel (männl.)
Mr. Leo: Pfleger der Löwen: Sumba, Gamba (weibl.), Ramses (männl.)

u.v.a.